Erst sterben die Praxen, dann die Patienten
9. Januar 2009 – 21:27„Erst stirbt die Praxis, dann der Patient“ – mahnt die Freie Ärzteschaft schon lang.
Die drohenden Folgen der krankheitspolitischen Fehlentwicklung haben wir allerorten kundgetan. Und auch die Konsequenzen der e-card.
Wollten die Bürger aber nicht hören. Und schon gar nicht reagieren.
Vielleicht hilft ja diese Info aus der Heutigen NRZ weiter beim Denken:
KV Nordrhein sieht die Existenz jeder fünfte Arztpraxis durch die Honorarreform bedroht.
Essen (ots) – Jede fünfte Arztpraxis an Rhein und Ruhr steht in diesem Jahr vor der Pleite. Davor warnte gestern Leonhard Hansen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, im Gespräch mit der Neue Ruhr/ Neue Rhein Zeitung. Verantwortlich dafür sei die Anfang des Jahres in Kraft getretene Honorarreform für die niedergelassenen Mediziner. Diese Reform gilt als eine der Hauptursachen für die gestiegenen Kassenbeiträge. … weiter im Original bei Pressecho…
Ja, was wird ein Leben wert sein… wenn es denn keine freien Ärzte mehr gibt…Einen kleinen Ausblick der aktuellen (!) Schieflage hatte ich ja schon beschrieben. Und mich auch im Interview mit Radio-G dazu geäußert. Und es kommt noch schlimmer…
Eure E-Card kombiniert mit dem Morbi-RSA wirds Euch lehren, worum es den Regierenden getan ist. Spätestens nach der nächsten Bundestagswahl. Derweil verlässt der ärtzliche Nachwuchs nur zu gern das Land. Kann ich verstehen. Hippokrates und Schmidt sind inkompatibel. Unser Gesundheitssystem macht krank.
14 Kommentare zu “Erst sterben die Praxen, dann die Patienten”
ach weisst du, was ich in der vergangenen Pathologie-Woche an geistreichen Kommentaren hören durfte, kann sich dort einreihen. Manchmal habe ich den Eindruck, die Hälfte der Studenten hat eine Gehirnwäsche hinter sich oder ist noch nicht zum Denken gekommen. In jedem Falle eine prächtige Nachzucht, bei deren Anblick Frau Ulla Schmidt feuchte Augen vor Glück bekäme.
geschrieben von just me am 09. Jan, 2009
2009 ist es endlich soweit, Arztpraxen und deren Inhaber sind zum Abschuss freigegeben. Es ist offensichtlich politisch gewollt, die medizinische Versorgung in unserem Lande in den Gulli zu kicken. Wie kann man sich sonst die Dumping-Preise beim neuen EBM erklären: Hausbesuch 14,50 euro, LZ-EKG 8 euro, usw. Aus is …
geschrieben von chefarzt am 09. Jan, 2009
Der EBM ist nicht Ullas Folterwerkzeug. Die Ärzte wollten ihn. Endlich weg von der Muschelwährung usw. Bei der Erarbeitung des neuen EBM ist nichts ohne die Ärztefunktionäre gelaufen. Immerhin haben wir in weiten Teilen des gesetzlichen Gesundheitssystems das Prinzip der Selbstverwaltung. Statt das Gesundheitsministerium als Sculdigen hinzustellen, sollten die Ärzte lieber mal ihren Funktionären bei den Ärtztekammern, KVen und Verbänden auf die Finger schauen.
geschrieben von dampfbadbiber am 10. Jan, 2009
Doc Sarah, gibt es eigentlich eine vernünftige Erklärung für die Existenz der kassenärztlichen Vereinigung?
Ärztekammern kapiere ich ja noch, die dienen dem Vertuschen und der Reinwaschung der ärztlichen Versäumnisse (selbst erlebt,ein Arzt, der einer gestürzten alten Dame Hilfeleistung versagte und dem die Kammer natürlich sofort glaubte, obwohl alle Umstände gegen den Arzt sprachen).
geschrieben von Michael (Baudax) am 10. Jan, 2009
Ein bekannter Arzt hat mir vor einigen Wochen erzählt, dass seine Praxis zum Jahresende eine „schwarze Null“ aus einem Jahr Tätigkeit „erwirtschaften“ wird. Anfangs habe ich gedacht: „Warum erzählt er mir das? Ich glaube das eh nicht!“ Erst als er konkret Personalkosten, Miete, Arzthonorare (in der Praxis) und andere Kosten aufzählte, war mich klar, der Mann hat Recht. Dann erzählte er mir noch, was er für Hausbesuche und andere Aufgaben von der Kasse zugeteilt bekommt. Jeder Schlüsseldienst, Handwerker oder EDV Fachmann hat einen höheren Stundenlohn. Die Quittung aus diesem falschen Weg werden wir alle bald spüren, wenn die Ärzte in skandinavische Länder oder nach England abgewandert sind.
Warum wird diese Entwicklung nicht erkannt?
geschrieben von Ludger am 10. Jan, 2009
Die einfachste Begründung für die Existenz der KVen: Die KVen haben den Sicherstellungsauftrag (§ 75 SGB V). Die Politik hat die Verantwortung für die ambulante Versorgung den KVen gegeben. Zwar wird die Notwendigkeit der KVen in Zeiten von Versorgungsverträgen von Krankenkassen mit Ärztegruppen angezweifelt. Doch eine Auflösung der KVen könnte im Gegenzug die Einführung rein staatlicher Behörden notwendig machen. Das wäre erst recht Staatsmedizin.
Und wenn immer auf UK und Skandinavien verwiesen wird. Da regiert die Staatsmedizin. Ich würde ungerne Patient im NHS sein´.
geschrieben von dampfbadbiber am 10. Jan, 2009
Spannender Beitrag 🙂 Auch von mir ein kleiner Lesetipp zum Thema ästhetische Zahnheilkunde:Implantologie Blankenese
geschrieben von Dr.Katrin Roos-Wegdell am 10. Jan, 2009
bevor es die kv gab, musste jeder doc allein mit den krankenkassen kämpfen. und konnte entsprechend geknebelt werden. politik und kassen kaspern aus, mit wieviel, wiewenig ressourcen die kven die erforderliche mängelverwaltung zu gestalten haben. aufgrund der verteilungsmaßstäbe wurde in der ärzteschaft der ruf nach abschaffung der kv laut, aber da hat @dampfbadbiber recht: was, wenn dann staatliche behörden eingeführt werden. oder von konzernen betriebene mvzs (med.versorgungszentren), die nach rein wirtschaftlichen kriterien handeln.
das ist ja erklärter politischer wille…. abschaffung der einzelpraxen.
geschrieben von Doc Sarah am 10. Jan, 2009
Danke für die Hinweise zu KV, auch wenn viele Fragen natürlich unbeantwortet blieben, deren Beantwortung aber nicht Sinn dieses Thread sein können.
Nur noch ein kleiner, anderer Hinweis zur finanziellen Situation der Ärzte. Ein Doc und Freund von mir, hatte diverse Liquiditätsprobleme, die aus mangelnder Auslastung seiner Gerätschaften herrührte, die er geleast hatte. Auch sein Privatwagen, den er auch für Hausbesuche nutze, war betroffen.
Als ich die Leasingverträge gesehen habe, war mir klar, dass er von der Gesellschaft total über den Tisch gezogen wurde. Nicht nur der Zinssatz war völlig überteuert, auch die Vertragslaufzeiten hätten keiner FA-Prüfung standgehalten, weil sie viel zu kurz (und die Raten somit zu hoch) waren. Hier wurde die Unwissenheit des Arztes ausgenutzt, der der Leas.-Gesellschaft voll vertraute, weil der Name mit „Med…“ begann. Ich bin sicher, das ist kein Einzelfall. „Medicus non….“
Allein die Umfinanzierung brachte hier einen monatlichen Vorteil von fast € 6.000,00.
geschrieben von Michael (Baudax) am 10. Jan, 2009
nu, michael, der zitierte kollege ist sicher ein einzelfall – und solch unternehmerische blindheit kann sich niemand leisten. egal aus welcher branche.
und kaum ein doc fällt noch auf anbieter rein, nur weil sie sich „med….“ im namen nennen.
zurück zum thread: hier ein link zum „Morbi-RSA“ – und der greift so richtig gut, wenn keine der ethik verpflichteten arztpraxen mehr da sind.
wenn schon niemand interessiert, was ein arztleben eigentlich noch wert sein soll:
tja, was wird ein menschenleben wert sein?!
(der artikel ist aus juli 2007 wohlgemerkt! alle gut geschlafen, oder?!)
geschrieben von Doc Sarah am 10. Jan, 2009
Interessant, daß es scheinbar unisono von allen Ecken erklingt wie schlecht es um Ärzte, Praxen und das Gesundheitswesen steht. Aber wirklich wahrhaben wollen es doch die wenigsten. Paradox. Das kann man sogar empirisch mittlerweile belegen, da Allensbach im vergangenen Herbst speziell für den MLP-Gesundheitsreport sowohl Ärzte UND Patienten nach Ihrer Meinung zum neuen Jahr (also 2009) und der medizinischen Versorgung befragt hat. Das es so nicht besser wird scheinen alle zu glauben, nur der nächste Schritt fehlt dann irgendwie. Sowohl bei Ärzten, als auch den Patienten… 🙁
geschrieben von Felix am 12. Jan, 2009
Erst sterben die Praxen, dann die Patienten?
Ursache und Wirkung verwechselt!
Erst sterben die Patienten, dann die Praxen!
Da wird erst ein Schuh draus.
geschrieben von Willi Wacker am 02. Feb, 2009