Haft hilft nicht gegen HIV – Hexenjagd im 21.Jahrhundert
16. April 2009 – 19:52Hexenjagd auf Nadja Benaissa. Toll. Passt alles ins Bild des Berliner Bauerntheaters.
Da drohen Zensursula, Ullala, der böse Wolf und die Frau Zypries et al. vor unlauterer Kernkompetenz schon fast zu bersten und heben dabei mal eben elegant das Grundgesetz aus den Angeln. Bauerntheater braucht Bauernopfer. Nadja Benaissa ist ein solches. Hoffentlich nicht mehr lange. Ich zähl auf Euch.
Als HIV-Expertin der ersten Stunde und immer noch Aktivistin könnt ich grad Anfälle kriegen. Trotz des SPON Artikels.
Mit dem Virus lebt die Welt schon über 25 Jahre – die Forschung läuft auf High-Tech – aber die Teutsche Jurisprudenz stürzt grad ins Mittelalter zurück.
Jede/r in den Industrienationen kennt den Ansteckungsweg und kann sich selbstverantwortlich schützen. Unsafe Sex ist ein Risiko. War es immer und wird es immer bleiben. Folgen sind ungewollte Schwangeschaft, Tripper, Syphilis, Hepatitis, Condylome=HPV (Krebsrisiko!), HIV und mehr – what else is new ?!
Es ist für dieses Land mehr als peinlich, daß die GSSG im Jahre 2009 so eine Pressemitteilung schreiben muss. Die Gelder für Prävention wurden immer mehr gestrichen, Sextourismus ( da haben wir dann auch noch was pädophiles für Zensursula ) wird ignoriert und durch Billigflüge allenthalben gefördert. Die „Durchseuchung“ der Menschen aus Osteuropa mit dem Virus ist immer noch ein Tabu-Thema. Und jede/r Schweigende oder ungeteste Mensch ein Risiko für den Anderen.
Bitte lesen und unterstützen:
P r e s s e m i t t e i l u n g
Haft hilft nicht gegen HIV
Haft wegen HIV unmenschlich, unnötig und gefährlich – GSSG setzt sich für sofortige Freilassung der HIV-positiven Sängerin Nadja Benaissa ein – Vorgehen der Justiz gefährdet HIV-Prävention
Köln, 16. April 2009 – Menschen mit HIV sind wichtige Verbündete im Kampf gegen HIV-Infektionen. Denn die Weitergabe des AIDS-auslösenden HI-Virus lässt sich am besten verhindern, wenn die Betroffenen offen mit ihrer Infektion umgehen können. Darauf macht die Gemeinnützige Stiftung Sexualität und Gesundheit (GSSG) in Köln aufmerksam. „Werden jedoch die HIV-positiven Menschen allein für den Schutz verantwortlich gemacht, gefährdet das die bisherigen Erfolge der HIV- Prävention“, befürchtet GSSG-Sprecherin Harriet Langanke.
Die bislang erfolgreiche Aufklärungsarbeit in Deutschland wird im Fall Nadja Benaissa durch die Justiz und eine regelrechte Hexenjagd in den Medien gefährdet. „Wer Frauen mit HIV derart kriminalisiert, muss sich nicht wundern, wenn Betroffene sich zurückziehen und ihre Infektion verheimlichen“, erläutert die Stiftungssprecherin und betont: „Zu verantwortungsvollem Sex gehören schließlich alle Beteiligten!“ Deshalb fordert die GSSG die umgehende Freilassung Benaissas.
Nadja Benaissa, Sängerin bei der Pop-Band No-Angels, war am Samstagabend verhaftet worden. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt wirft der jungen Frau vor, trotz ihrer HIV-Infektion ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Die Haft wurde angeordnet, um eine Wiederholungstat zu verhindern.
„Wer solche HIV-Infektionen strafrechtlich verfolgt, fördert Angst und Misstrauen. Das ist keine gute Grundlage für einen HIV-Test oder verantwortungsbewusstes Handeln“, sagt Langanke. Schon jetzt leben HIV-positive Frauen häufig sehr zurückgezogen. „Ein Rückzug, der fatal sein kein, weil die Betroffenen Solidarität, Hilfe und Beistand benötigen – nicht Ausgrenzung und Kriminalisierung!“ Vor diesem Hintergrund hatten Schweizer Forscher im vergangenen Jahr die so genannte EKAF-Studie veröffentlicht. Danach gelten HIV-Positive mit einer geringen Viruslast als sexuell nicht infektiös.
Die GSSG ist Trägerin gemeinnütziger Projekte wie dem bundesweiten Selbsthilfe-Netzwerk Frauen und Aids und dem Wegweiser für HIV-positive Mutterschaft „Lifeboat Deutschland“.
Laut Robert-Koch-Institut leben in Deutschland etwa 11.700 Frauen mit HIV oder Aids. Sie stellen rund 18 Prozent aller HIV-Positiven hierzulande.
www.netzwerkfrauenundaids.de
www.projekt-lifeboat.de
für Fragen und weitere Auskünfte:
Harriet Langanke,
GSSG – Gemeinnützige Stiftung Sexualität und Gesundheit
Odenwaldstraße 72
51105 Köln
T: 0221 – 340 80 40
M: harriet.langanke@stiftung-gssg.org
GSSG : Gemeinnützige Stiftung
Sexualität und Gesundheit
Odenwaldstr. 72 : 51105 Köln
Tel: +49 – (0) 221 – 3 40 80 40
harriet.langanke@stiftung-gssg.org
GSSG GmbH : Handelsregister B beim Amtsgericht Köln : HRB 61861 : Geschäftsführerin: Harriet Langanke :
Die Stiftung GSSG ist mit Bescheid des Finanzamtes Köln-Ost vom 11. Juli 2007 als gemeinnützig anerkannt.
19 Kommentare zu “Haft hilft nicht gegen HIV – Hexenjagd im 21.Jahrhundert”
are you back to nazi-land in germ-money?!
geschrieben von Ingrid am 16. Apr, 2009
In der Tat ist das ein Schlag ins Genick für die AIDS-Aufklärung und Prävention. Und nicht nur das: Hier wird ein Mensch bloßgestellt, gebrandmarkt, und seiner Intimsphäre beraubt. AIDS ist immer noch ein Tabu-Thema. Diese Art der Berichterstattung durch die Medien hat sicherlich NICHT dazu beigetragen, daß Infizierte offen und damit auch verantwortlich (!) mit ihrer Infektion umgehen können und werden. Wer einen solchen Umgang mit Medien und unwissenden Mitbürgern fürchten muss, lässt sich vielleicht erst gar nicht testen. Es geht dabei weitläufig noch nicht mal um Sexualkontakte, sondern auch um den alltäglichen Umgang, der durch eine solche Vorgehensweise doch sehr erschwert wird. Als wäre eine Infektion per se schon kriminell. Mit all diesen „ekelhaften“ Dingen will der gemeine Bundesbürger und Cosmopolit (Achtung: Boshaftigkeit) doch gar nichts zu tun haben.
Bis der mündige Bürger, der glaubt, daß man den Betroffenen ihre Infektion an der Nasenspitze ansieht, und unsafe fröhlich durch die Bettenlandschaften springt, sich der Folgen seines Handelns zu spät bewusst wird. Als wären die Informationen nicht überall abrufbar?!?
geschrieben von just me am 16. Apr, 2009
Hallo Sarah,
Danke für diesen Beitrag, mir kommt da auch nur kalte Wut hoch.
Imho sollte jeder, der Sex mit anderen Menschen hat, sich regelmäßig testen lassen und jeder, ob mit HIV und/oder anderen Sexualkrankheiten oder ohne hat (eigen)verantwortlich zu handeln.
Sollte sich beweisen lassen, dass Nadja Benaissa a) mit diesem Mann völlig ohne Druck Sex hatte und b) genau sie es war, die ihn vörsätzlich infizierte, ohne ihn über ihre HIV-Infektion zu informieren, so fände ich das Verhalten nach meinen Maßstäben unethisch und strafbar.
Dass bei Frau Benaissa aber die Unschuldsvermutung plötzlich nicht mehr gilt, dass wieder mal jemand (und soo klar, eine Frau, nicht der Sextourist) herhalten muss, damit alle weiter vor dem ganzen Grauen, was direkt um uns herum passiert, vielleicht gar im eigenen Haus, die Augen verschließen können, das bringt mich total auf die Palme!!! Obwohl ich weiß, wie das läuft, bin ich stets auf’s Neue fassungslos. Am liebsten möchte ich jedem, der auf Nadja Benaissa draufkloppt, statt sich z.B. gegen den Missbrauch von Kindern in der eigenen Familie oder im eigenen Umfeld einzusetzen, vor die Füße reihern. Mindestens.
Ich merke, wie geladen ich bin und im vollen Bewusstsein, dass mein Kommentar vielleicht ewig im Netz herumschwirrt, lasse ich ihn so gefühlsbetont.
Danke, liebe Sarah, dass du so couragiert bei vielen Themen uns Teutschen anbietest, die Augenbinde abzunehmen!
geschrieben von Lea am 16. Apr, 2009
genau so, @just me – die hehren herren hiv-hauptverteiler = heterosexuelle männer hier im lande bedienen sich ja gern im urlaub minderbemittelter kinder, verschimpfen das virus hier als schwulen und junkie seuche… und stecken dann ihre frauen und leider nicht selten kinder an.
nadja hätte es vermutlich nicht in den knast geschafft, wenn sie weiß wäre – oder wenigstens osteuropäisch.
geschrieben von Doc Sarah am 16. Apr, 2009
@lea: ich danke dir für deinen kommentar! der bringts auf den punkt.
nadja war übrigens offen positiv – und ich bin gespannt, was die genetische sequenzierung des virus hervorbringt… vielleicht hat der typ sich doch via sextourismus woanders angesteckt?! wie r so viele? asien, afrika – der gemeine europäer bespielt ja gern die (kinder) Kolonien…. altes herrenmenschen gedankengut – kennen wir doch seit 1933 … es will nicht aussterben…
geschrieben von Doc Sarah am 16. Apr, 2009
Wir erleben hier einen gewaltigen Rückwärtssprung in alte vergangene und wohlbekannte Zeiten. Ja, ich meine das Nazi-Zeitalter. Und nein, ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster. Diese Brandmarkungen erhalten doch schon recht lange Einzug. Wer HIV-positiv ist und AIDS hat, ist ekelhaft. Wer Krebs hat, hat beschissene Gene oder sonst irgendetwas falsch gemacht in seinem Leben. Nachwuchs wird nicht mehr dem Zufall überlassen, es wird designed. Auf Erbkrankheiten, krumme Beine und blaue Augen getestet. Das Wunschkind. Gedrillt auf Erfolg, gesellschaftliche Anerkennung und gute Funktionalität in allen Bereichen. Keine Schwächen, keine Makel. Weder körperliche noch seelische. Arbeitnehmer werden gehalten wie Vieh und überwacht wie zu Stasi-Zeiten. Persönlichkeitsrechte? Was sind denn die? Ein Luxus, den sich niemand mehr leisten kann? Wer einfach mal die Augen aufmacht und sich nicht von den abendlichen heile-Welt-Propaganda-Schmierserien auf RTL oder dergleichen beduseln lässt, müsste eigentlich gemerkt haben, daß etwas ganz gewaltig lief läuft in unserem Lande.
Ja, ich bin sauer.
geschrieben von just me am 16. Apr, 2009
Mal abgesehen davon, dass der Nachweis wegen der hohen Mutationsrate des Viruses ziemlich schwer zu führen sein dürfte, ist gummifreier Sex immer in irgendeiner Weise gefährlich. Hepatitis macht auch nicht gerade schöner beispielsweise. Wenn man also als Staatsanwaltschaft vorher schon weiß, dass man ohne Geständnis nichts erreichen wird, ist es jawohl sowas von daneben, mal eben beiläufig eine Existenz zu vernichten. Mir scheint, da wollte man mal wieder ein öffentlichkeitswirksames Exempel statuieren.
geschrieben von Michael am 16. Apr, 2009
wer unsafe sex hat ist selbst schuld – würd ich auch aus der leistungspflicht der kassen und privatvericherungen rausnehmen – ALLE sexuell übertragbaren krankheiten. es gibt ja auch die eigenverantwortung … mündige bürger…
geschrieben von Doc Sarah am 16. Apr, 2009
Naja, das sehe ich etwas anders, weil es gilt jawohl das Solidarprinzip. Skifahren, Fallschirmspringen, leben, atmen… alles gefährlich, dann kann man alles rausnehmen.
geschrieben von Michael am 16. Apr, 2009
@michael – wiegesagt – sie ist nicht weiß… da fällts den herrenmenschen leicht…
geschrieben von Doc Sarah am 16. Apr, 2009
@michael: ja, nur das öffentlichkeitswirsame Exempel wird nur nicht das gewünschte sein. ich sehe keine Schlangen vor dem Gesundheitsamt mit testwilligen Bürgern, die in ihrer Eigenverantwortlichkeit diesen Schritt wagen.
Wer vorher schon nicht wusste, ob er das „Risiko“ einer Gewissheit eingehen soll, wird es jetzt noch viel weniger wissen. Vielleicht gibt es im Umkehrschluss nun auch mehr Menschen, die eine „Mir-alles-scheissegal“-Haltung praktizieren und nun aktiv Rache an dieser „Gesellschaft“ nehmen? Ich könnte mir das gut vorstellen. Die gefühlte wie reale Machtlosigkeit die jemand ob des unmenschlichen Umgangs mit ihm empfindet, könnte zu derlei Verhalten führen. Das war ein Schuss, der ganz klar nach hinten losging.
geschrieben von just me am 16. Apr, 2009
@michael: das soldaritätsprinzip betreffend: in der privatversicherung geht das alles extra – auch rauchen, saufen, übergewicht etc… daß die solidargemeinschaft kranke kasse darob pleite geht ist ja auch kein wunder – aber das ist jetzt off-topic
nadja wird zum bauernopfer einer kranken gesellschaft mitsamt ihrer hochfinazierten „politik“ – und das geht gar nicht. hexenjagd eben – und alle bürger finanzieren das mit.
geschrieben von Doc Sarah am 16. Apr, 2009
@Sarah @just me:
Ach, ihr sprecht mir aus der Seele. Und ich muss sagen: leider.
Etwas in mir bäumt sich immer auf, wenn ich solche Nachrichten wie von Nadja Benaissas unfairer Behandlung und dem, was dahinter steht und was damit bezweckt wird, lese.
Ich persönlich bin so ein „Wunschkind“, dass in ALLEN erdenklichen Bereichen zu funktionieren hatte, das fast nicht überlebt hätte und sich dann auch noch selbst lange Jahre stumm und still gehalten hat.
Heute, so habe ich das Gefühl, ist meine Hutschnur endgültig gerissen.
Zum anderen habe ich die bittere Erfahrung machen müssen, wie 28 männliche heterosexuelle Kollegen in der Ausbildung nicht nur mich als einzige Frau, sondern auch meinen HIV-positiven bisexuellen und mit einer Frau verheirateten Kollegen derart chassten, dass wir auf der Hälfte der Strecke nicht mehr konnten. Defekt. Ab zur Reparatur..
Ich möchte nicht resignieren, aber mitunter fühle ich mich, als renne ich gegen Windmühlen. Wie schafft ihr das, nicht aufzugeben? Würde mich freuen, da von euren Erfahrungen zu lesen und vielleicht Inspiration zu bekommen.
geschrieben von Lea am 16. Apr, 2009
ähh – wo bitte geht denn in der pkv rauchen extra? das wäre neu …
aber zum thema zurück:
„ist gummifreier Sex immer in irgendeiner Weise gefährlich“
NEIN!
noch nie von EKAF-statement gehört?
es gibt auch andere wege, safer sex zu haben, als kondom. und die frage wirksamer medikamente ist bei der ganzen sache bisher völlig außer acht gelassen worden.
nb, schön dass sich nach der dah ( http://www.ondamaris.de/?p=9373 )das netzwerk frauen und aids zu wort gemeldet hat 🙂
geschrieben von ondamaris am 16. Apr, 2009
Das hat noch gefehlt(heute in „Welt online“:
http://tinyurl.com/cfgtx5
geschrieben von Michael (Baudax) am 17. Apr, 2009
mich wundert es etwas, daß nicht mehr leute stellung zu diesem thema beziehen. der derzeitige vorfall ist ein spiegelbild unserer gesellschaft….
geschrieben von just me am 17. Apr, 2009
welt online ist ab sofort vom feedreader entfernt. verhetzende skandalblätter unterstütz ich nicht.
geschrieben von Doc Sarah am 17. Apr, 2009
@ondamaris – wo ist jetzt euer problem? daß harriet langangke schneller auf dem plan war?!
offtopic: für mein mehr als 5 zigaratten rauchen zahle ich seit dekaden jeden monat €50 aufschlag – macht euch mal schlau über regeln der pkv…
@stresstoy – virussequenzierung ist nicht wirklich problematisch. der nachweis der infektion somit auch nicht.halbwissen hilft nicht. und wiegesagt: wäre nadja keine frau und darüberhinaus auch noch farbig – wer würde sich denn bitteschön erdreisten ?!
geschrieben von Doc Sarah am 17. Apr, 2009
@just me
. . . das nicht mehr leute stellung beziehen
wundert mich nicht. ich kann s nachvollziehen. stigma und diskriminierung sind immer noch alltag, veränderung – alte verhaltensmuster loslassen, das passiert nicht über nacht.
jeder ist genau an dem punkt seiner entwicklung wo er sein soll.
solange wir schweigen uns nicht bemerkbar machen, nur darüber jammern das wir nix machen, unseren unmut nicht laut für jedermann zum ausdruck bringen werden wir nicht wahrgenommen.
im übrigen zeigt diese geschichte eines – es gibt ein echtes kommunikationsproblem zwischen uns – damit meine ich jetzt all diejenigen die sich dem thema hiv und aids widmen und dem rest der gesellschaft.
so krass diese situation der sängering ist (auch persönlich im knast) – dadurch ist das thema hiv/aids in aller munde. und es ist nicht der 1. dezember. da liegt auch eine chance.
@ doc sarah
ich finds gut das diese trennende mauern endlich zusammenbrechen. dem virus is es eh scheiss egal on man schwul, hete, lesbe, transgender, migrantIn whatever . . .ist.
diversity in unity
geschrieben von Dennis am 18. Apr, 2009