Vor der Wahl: Gedanken zur Krankheitspolitik
28. August 2009 – 17:44Die Healtcare Reform ist DAS Thema in Obama-Land. Doch auch hier sollte es entsprechende Beachtung finden. Gesundheit geht uns schließlich alle an. Vor der Wahl möchte ich deshalb noch mal ein paar Gedanken teilen… ( einige erinnern sich vielleicht noch an die Interviews bei business-on oder bei Radio-G )
Schlussendlich will ich nichts anderes, als gute Medizin. Für jeden Menschen.
Gesundheit erschwinglich für Alle.
Trotz der diletantierender Bundesseilschaft. Und der Globalisations-Kolonialisierung. Trotz Codex Alimentarius Trotz Pharmalobbyismus. Trotz Money Driven Medicine ( aka Evidence Based Medicine ). Ich stehe für Human Based Medicine.
Interview von Elita Wiegand mit Doc Sarah Schons erschienen bei Business-on am 06.10.2008
„Unser Gesundheitssystem macht krank!“
Düsseldorf. Ärzte haben schon lange den „Halbgott in Weiß“ Status abgelegt. Heute sehen sie sich als Prügelknaben der Nation, die für politische Fehlentscheidungen herhalten müssen. Wie können Patienten das Vertrauen in Ärzte wieder gewinnen? Wie sieht ein gut funktionierendes Gesundheitssystem der Zukunft aus? Worin unterscheiden sich Ärzte? Die Düsseldorfer Ärztin Sarah Schons bezieht in einem Interview mit Business-on.de kritisch Stellung.
Business-on.de: Sie schreiben sich auf die Fahnen, eine innovative Praxis zu führen. Was muss man sich darunter vorstellen?
Dr. Sarah Schons: Ich lege Wert darauf, dass unsere Praxis in jeder Hinsicht die fortschrittlichste, aktuellste und qualitätsorientierteste ist. In jeder Hinsicht heißt: Wissen, Diagnostik, Therapie, Service, Kommunikation, Organisation. Ganzheitlich eben. Unsere Praxis soll Benchmark sein, was alle patientenzentrierten oder auch praxisinternen Prozesse betrifft. Das erfordert viel Engagement, Querdenken, Fortbildung in allen Bereichen. Nicht nur medizinisch, sondern auch unternehmerisch.
Uns macht Wertschöpfung sehr viel Spaß und kommt unseren Patienten zugute. Unsere Zielgruppe sind Menschen mit einem hohen Leistungsanspruch an sich selbst. Überwiegend Menschen in Führungspositionen, Kreative und Unternehmer.
Business-on.de: Auf welche besonderen Therapien haben Sie sich spezialisiert?
Dr. Sarah Schons: Als Immunologin bin ich auf alle das Immunsystem betreffende Erkrankungen und deren Behandlung spezialisiert. Klassischerweise reicht das von Allergien bis hin zu HIV und Krebs. Insbesondere die enge Verbindung von Stress und Immunsystem ist meine Domain. Ein ganz neues Stoffgebiet, das sehr zu meiner Zielgruppe passt: Neuro-Stress. Das heißt, ich behandle jegliche Form von Stress und den daraus resultierenden Erkrankungen wie zum Beispiel Allergien, Schmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen, Tinnitus, Burn-Out oder Immunschwäche in jeder Form. Und ganz besonders gerne deren Prävention!
Unser Spektrum reicht von TCM (Traditioneller Chinesischer Medizin) bis hin zu High-End High-Tech Medizin. Immer angepasst an die individuelle Symptomatik des Patienten und seiner Akzeptanz für die für ihn gewählte Therapie.
Business-on.de: Privatpraxen sind oft eine Hemmschwelle, weil man die Kosten für Behandlungen nicht einschätzen kann oder von vorherein das Gefühl hat, dass es „teuer“ wird. Wie schaffen Sie Transparenz?
Dr. Sarah Schons: Als Privatpraxis haben wir den gleichen Algorhythmus für Privatversicherte wie Selbstzahler: die Kosten für das Erstgespräch werden vorab kommuniziert. Alle weiteren Kosten kalkulieren wir nach dem Erstgespräch aus dem sich ja erst ergibt, was zu tun ist. Entsprechend der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte). Außerdem liegen in der Praxis GOÄ-Preislisten für die von uns angebotenen Leistungen aus. In aller Regel sind privatärztliche Behandlungskosten niedriger als die anderer Gesundheitsdienstleister, wie zum Beispiel Heilpraktiker. Außerdem kann sich jeder für wenig Geld nicht nur für den stationären, sondern auch im ambulanten Bereich zusätzlich privat versichern.
Leistungen, die auch von Privatversicherungen je nach Vertrag des Patienten nicht übernommen werden, bieten wir künftig über unser Institut HEALING CONCEPTS an. Definierte Leistungspakete zu knapp kalkulierten Festpreisen. Das ist auch für Privatversicherte mit hoher Selbstbeteiligung eine günstige Alternative.
Business-on.de: Viele Patienten scheuen den Weg zum Arzt, weil sie das Gefühl haben „abgefertigt“ zu werden. Was setzen Sie dieser Kritik entgegen?
Dr. Sarah Schons: Kassenmedizin ist Massenmedizin. Das ist politisch so gewollt und verankert. Es gibt dort neben Budgetierung, Hausarztverträgen, DMPs (Disease Management Programme) allerlei administrative Absurditäten, die viel Geld kosten und letztlich nur die Ressourcenverknappung im Krankenversicherungswesen spiegeln.
Die „Abfertigung“ ist also politisch gewollter Standard, gesteuert über die kassenmedizinische Gebührenordnung, die nichts anderes zulässt, sofern ein niedergelassener Arzt wirtschaftlich überleben will.
Mir ist die ethische Verantwortung gegenüber dem Patienten und seinem Bedürfnis wichtiger. Ich möchte gute, sehr gute Medizin praktizieren und nicht nur ausreichende, wie das SGB (Sozialgesetzbuch) es festlegt. Darum arbeite ich auch nicht mit gesetzlichen Krankenversicherungen.
Business-on.de: Der Körper sendet Signale. Oft steht auch die Seele hinter der Krankheit. Wie fließt das Zusammenspiel des Körpers und der Seele in Ihre Behandlungen ein?
Dr. Sarah Schons: Das ist ja gerade unser ganzheitlicher Ansatz, dass wir Körper, Geist, Seele und auch Spiritualität nicht getrennt sehen. Vor dem einstündigen Erstgespräch, in dem ich auf all diese Aspekte eingehe, bekommen unsere Neupatienten einen offenen Fragebogen zugeschickt, der sie auf all diese Aspekte vorbereitet.
Bei uns wird niemand nur „medizinisch“ versorgt. Es steht immer der gesamte Lebenskontext des Menschen im Focus. Das ist oft schwere Kost für Patienten und auch mich. Aber schlussendlich zielführend und erfolgreich.
Business-on.de: Viele Patienten haben das Vertrauen in die Leistungen von Ärzten verloren. Wie gewinnen Sie das Vertrauen zurück?
Dr. Sarah Schons: Ganz wichtig: Ich blogge! So kann sich jeder potentielle Patient nicht nur über meine Homepage ein Bild machen, wer ich bin, wie ich ticke, was die Ärztin ausmacht. Die Website und Bewertungs-Datenbanken wie zum Beispiel Docinsider bilden ja eher die Praxis ab.Die meisten meiner Patienten kommen durch Empfehlung, studieren aber vorher meine Website und mein Blog. Nach dem telefonischen Erstkontakt erhalten sie Praxisflyer, den vorgenannten Fragebogen und ein persönliches Anschreiben, das unsere Praxis-Philosophie erklärt. Und dann im Erstgespräch zählt natürlich meine Empathie und Kompetenz. Die Wertschätzung, die ich dem Patienten vermittle. Idealerweise verläuft das schon im Erstgespräch wechselseitig.
Business-on.de: Was ist an unserem Gesundheitssystem krank?
Dr. Sarah Schons: Es ist ein Krankheitssystem. Kein Gesundheitssystem.
Finanziert wird staatlich diktiert die Verwaltung von Krankheit. Auch der selbst herbeigeführten. Selbstverantwortung und Primär-Prävention gehören nicht zum Leistungspaket.
Ergo müssen alle Kassenversicherten die überwiegend ungesunde Lebensweise Aller mittragen.
Anders als im Privatversicherungswesen: da wird jedes Risiko, wie zum Beispiel Übergewicht, Alkoholkonsum, Rauchen, gefährdende Sportarten mit einem Aufschlag auf die Versicherungssumme belegt.
Privatversicherungen arbeiten risikoorientiert mit abgeschlankten Organisationsstrukturen.
Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind überdimensionierte Apparate zur Verwaltung von Krankheit einer zunehmend kranken Bevölkerung. Leider auch einer diesbezüglich kranken staatlichen Organisation.
Business-on.de: Die meisten Ärzte klagen und lamentieren über die Bedingungen unseres Gesundheitssystems. Was muss passieren, damit der Beruf überhaupt noch Freude macht?
Dr. Sarah Schons: Klares politisches Ziel ist die Ausrottung der Einzelpraxis.
Staatlich vorgegeben ist die Entwicklung hin zu sogenannten MVZs (Medizinischen Versorgungszentren), deren Betreiber durchaus Branchenfremde Unternehmen sein können. Ähnliches kennen wir staatlich organisiert aus der früheren DDR und ihren Polikliniken. Oder aus zum Beispiel Finnland, wo eine Krankenschwester entscheidet, wer wann Anspruch auf welche Versorgung bei wem hat.
In England gab es ähnliche Modelle, doch die wurden inzwischen aufgegeben, weil die Ärzte regelrecht flohen. Heute flüchten unsere Ärzte nach zum Beispiel Großbritannien oder in andere Berufe.
Zufriedenheit in diesem meinem Beruf (ich würde mich nie für einen anderen entscheiden!) – gibt es in Deutschland erst wieder, wenn die Politik aufhört uns zu Bauernopfern ihrer eigenen Verfehlung zu machen. Wenn wir wieder Freiberufler sind. Wenn wir wieder ethisch entscheiden und behandeln dürfen.
Und natürlich auch, wenn wir wenigstens die Einkommen eines zum Beispiel Handwerkers erzielen können. In meinem Blog habe ich dazu übrigens die Aktion Mindestlohn für Selbstständige ins Leben gerufen.
Business-on.de: Die Gesundheitskarte macht vielen Menschen Angst, weil Daten gespeichert werden und der Mensch total transparent wird. Gibt es ein Rezept, um sich gegen die Datenflut zu schützen?
Dr. Sarah Schons: Vor der Gesundheitskarte haben wir Ärzte von Anfang an gewarnt.
Datenpannen sind aus anderen Ländern wie auch bei uns sattsam bekannt. Doch niemand wollte/will hören. Auch dazu habe ich in meinem Blog sehr viel geschrieben. Stichwort e-card.
Letztlich kann sich jetzt niemand vor der staatlichen Verwaltung der Krankheitsdaten und deren unvorhersehbarer Auswertung schützen.
Jede Arztpraxis ist verpflichtet, alle Diagnosen, Untersuchungen und Therapien zu übermitteln. Wer dann Zugriff auf diese Daten hat, hängt von politischen Entscheidungen ab.
Darüber wird künftig auch gesteuert, wem welche Ressourcen des Krankheitswesens zur Verfügung stehen. Gab es in England schon mal: Patient nicht erwerbstätig braucht Dialyse. Sorry, kann das System nicht finanzieren. Entweder, Sie haben Geld oder eben Pech…
Das ist einer der Gründe, warum ich jetzt mein Institut HEALING CONCEPTS gegründet habe: dort gibt es keine Datenübermittlung oder Datenspeicherung an offizielle Stellen. Und bei uns gibt es wirkliche Prävention: wir schauen mit unseren Patienten, wo sie stehen und verringern von da aus die Risiken einer Erkrankung.
Business-on.de: Ärzte müssen sich mit unzähligen gesetzlichen Auflagen, bürokratischen Regeln und Bestimmungen herumschlagen. Wie sieht die Lösung aus, um Patienten trotzdem angemessen zu behandeln?
Dr. Sarah Schons: Gegenwärtig kann die Lösung nur der Systemausstieg sein. Der Ausstieg aus der gesetzlichen Zwangsversicherung. Laut SGB soll die Behandlung ja „ausreichend und wirtschaftlich“ sein. Das genügt keinem Patienten. Und keinem ernst zu nehmenden Arzt. Ein Beispiel zum bösen Stand der Dinge steht in meinem Blog oder im Interview mit dem Internet Radiosender Radio G.
Business-on.de: Immer noch schwirrt bei vielen Menschen das Bild des Halbgottes in Weiß herum. Wie sieht heute die Realität des Arztberufes aus?
Dr. Sarah Schons: Halbgott in Weiß? Das war aber Übergestern! Seit Ulla Schmidt spätestens sind wir die Prügelknaben der Nation. Müssen in der Kommunikation für die verfehlte, aber von der Mehrheit gewählte Politik herhalten.
Realität heute ist ein sehr, sehr großes Anspruchsdenken der Versicherten kombiniert mit minimaler Wertschätzung für den Arzt.
Und der freie Arztberuf ist politisch nicht mehr erwünscht. Wirtschaftlich kaum mehr lebbar.
Aber es gibt sie noch, die Menschen, die sich nicht nur als Versicherte begreifen und eigenverantwortlich sein wollen. Und die Ärzte, die sich nicht nur als Kassenknechte begreifen und verantwortliche Ansprechpartner und Berater für ihre Patienten sein wollen. Es formiert sich da gerade eine gesunde partnerschaftliche Ebene jenseits des Establishments.
Business-on.de: Wie sehen Sie die Zukunft des Gesundheitswesens?
Dr. Sarah Schons: Wir müssen weg vom Krankheitswesen. Es muss ein Gesundheitswesen werden. Mit Schwerpunkt auf Prävention.
Sinnvoll scheint mir eine kostengünstige Grundversicherung für alle Menschen in Notfällen. Und darüber hinaus eine individualisierte Versicherung von Einzelrisiken so wie in der Privatversicherung üblich.
Das sogenannte Solidaritätsprinzip liegt für mich nicht darin, dass zwangsversicherte Bürger eine Vielzahl eigengesundsheitsschädlicher Bürger mitfinanzieren müssen.
Im Klartext: wer Fast- oder Fertig-Food und Süßigkeiten fest oder flüssig zu sich nimmt, gar bis zum Übergewicht, sich nicht bewegt, dazu vielleicht noch trinkt und/oder raucht soll die Folgeerscheinungen auch bitte selbst versichern. Das würde Milliarden sparen…
3 Kommentare zu “Vor der Wahl: Gedanken zur Krankheitspolitik”
ein wirklich schönes Interview! Besonders für diejenigen, die das Vetrauen in die Ärzteschaft schon verloren haben. Ehrlich, empathisch und Vertrauen erweckend.
geschrieben von just me am 29. Aug, 2009
*wow*
vielen DANK für die WERTVOLLEN informationen !
JA, EIGENVERANTWORTLICHKEIT ist das A und O –
und sie beginnt m.m. dort, sich mit dem KRANKHEITSSYSTEM (danke für das treffende wort) auseinanderzusetzen – für sich selbst und für die gemeinschaft.
QUALITATIV HOCHWERTIGE versorgung im sinne einer hier so treffend beschriebenen GANZHEITSMEDIZIN muss das ziel sein und bedarf individueller risikoabsicherung.
tolle einstellung !
sehr vertrauenserweckend !
danke
geschrieben von christina am 30. Aug, 2009