Ärzte als Spitzel? Online-Stammdatenabgleich und die Krankheitskarte
20. Juni 2010 – 19:25Ich schreib ja schon lang über diesen Krankheitskarten Kontrollwahn, das Krankenverunsicherungswesen etc. Und verstehe nicht, daß nicht ALLE Versicherten auf die Barrikaden gehen. Die staatliche Datenkrake im Bundeskasperlamt versucht immer wieder, unsere Freiheit, Menschenrechte und die Demokratie zu unterminieren mit ihrem Überwachungswahnsinn. Politik in Täuschland ist ein menschenverachtendes Geschäft, wie es scheint. Drum steh ich dorten auch nicht zur Verfügung.
Für uns Ärzte ist die Friedenspflicht jetzt beendet: Der Kampf gegen die elektronische Gesundheitskarte geht weiter.
Am 18.06.2010 wurde im Bundestag in einem parlamentarischen Schweinsgalopp – gegen den ausdrücklichen Willen der Ärzte und ihrer Patienten – beschlossen, dass der künftige Online-Stammdatenabgleich in die Arztpraxen ausgelagert werden soll. Unmittelbar danach äußerte sich das Gesundheitsministerium herablassend, nun werde ein „modernes Versichertenstammdatenmanagement“ aufgebaut.
Im Sozialgesetzbuch V ist schon seit langem die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte geregelt. Aufgrund vieler technischer Probleme und aufgrund vielseitiger Widerstände ist die Karte, die es ja schon seit Januar 2006 geben soll, noch immer nicht eingeführt. Immer wieder hat auch das Komitee für Grundrechte und Demokratie vor dieser riesigen Datensammlung gewarnt. „Mit der eGK ist der Umbau des Gesundheitssystems zu einem Kontrollsystem geplant.“ Aber nun ist sie durchgewunken.
Das Jahrhundertgeschäft:
Was den Missbrauch von Versichertenkarten angeht: die Schätzungen zum potenziellen Gesamtschaden bewegen sich zwischen 20 Millionen und drei Milliarden Euro jährlich. Klingt äusserst valide. Bei 14 Milliarden Implementierungskosten der Krankheitskarte würde es also zwischen 4,67 und 700,00 Jahren dauern, bis die Kosten wieder eingespielt wären. Toll.
„19.06.2010, Pressemitteilung der Freien Ärzteschaft: Kampf gegen die elektronische Gesundheitskarte geht weiter
Parlamentarischer Schweinsgalopp zum Wähler-Betrug
Kampf gegen die elektronische Gesundheitskarte geht weiterKÖLN/ERKRATH – Kanzlerin Merkel und ihre Koalitionspartner hätten einen „massiven Erklärungsnotstand gegenüber Ärzten und Patienten“ stellte die ‚Freie Ärzteschaft’ (FÄ) fest: entgegen eindeutiger Beschlüsse des Deutschen Ärztetages und 100 000-facher Voten von Bürgern gegen die elektronische Gesundheitskarte habe die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP die verpflichtende Einführung der elektronischen Gesundheitskarten am Freitag im Bundestag quasi durch die Hintertür durch gewinkt.
Der FÄ-Vorstand und die Gründungsvorsitzenden der neuen Landesverbände des Verbandes sahen während ihrer Frühjahrssitzung in Köln in diesem „parlamentarischen Schweinsgalopp“ einen „Wähler-Betrug der Extra-Klasse“ – und kreideten diesen in erster Linie der FDP an. Gerade diese Partei habe in einem engagierten Bundestagswahlkampf immer wieder eindeutig Position gegen die elektronische Gesundheitskarte bezogen.
„Statt aber auf Ärzte und Bürger zu hören, hat in Berlin offenbar die Hörigkeit auf eine profitorientierte IT-Industrie das Handeln diktiert“, stellten die FÄ-Vorständler in Köln fest. Dabei seien weder die technischen Voraussetzungen für dieses Projekt auch nur annähernd gelöst, noch gebe es abschließende juristische Beurteilungen.
Insofern sei der „parlamentarische Kotau von CDU/CSU und FDP vor der interessierten Branche“ umso mehr Anlass für die Ärzteschaft, den Widerstand gegen die elektronische Gesundheitskarte zu intensivieren – mit der Maßgabe, dass insbesondere die FDP sich auf ihre ur-liberalen Grundsätze zurückbesinne und intensiv darüber nachdenke, was ärztliche Schweigepflicht und Schutz des Arzt-Patient-Verhältnisses bedeuten – beides würde nämlich durch die elektronische Gesundheitskarte unwiederbringlich zerstört.
„Gegen Ärzte kann man keine Politik machen“, wusste schon Konrad Adenauer zu einer Zeit, als Ärzte sich noch gar nicht politisch engagierten. „Die Zeiten haben sich geändert“, so Vorstand und Landesvorsitzende der FÄ, „ das Adenauer-Zitat ist heute frischer denn je und sollte von der Physikerin im Bundeskanzleramt über den Arzt im Ministeramt bis hin zum Bankkaufmann auf der Staatssekretärs-Position verdammt ernst genommen werden.“
Für Rückfragen: Peter Orthen-Rahner, Pressesprecher, 0173 – 6017351″
12 Kommentare zu “Ärzte als Spitzel? Online-Stammdatenabgleich und die Krankheitskarte”
Just blogged: online stammdatenabgleich – e-card?! nein danke http://www.doc-sarah-schons.de/blog/2010… #ecard #health #docblog
geschrieben von DocSarah am 20. Jun, 2010
Sehr auffällig ist auch der gewählte Zeitpunkt dieses Beschlusses. Während der WM, da wird fast nirgends drüber berichtet. Wir müssen weiter am Ball bleiben ..
geschrieben von chefarzt am 20. Jun, 2010
RT @DocSarah: just blogged: online stammdatenabgleich – e-card?! nein danke http://www.doc-sarah-schons.de/blog/2010… #ecard #health #docblog
geschrieben von doctr am 20. Jun, 2010
RT @DocSarah: just blogged: online stammdatenabgleich – e-card?! nein danke http://www.doc-sarah-schons.de/blog/2010… #ecard #health #docblog
geschrieben von chefarzt am 20. Jun, 2010
Sehr geehrter Herr Orthen-Rahner,
es wurde von der Ärzteschaft eine alltagstaugliche Variante zum Abgleich bzw. Kontrolle der Leistungsberechtigung gefordert. Diese Regelung ist nun am 18.6.2010 erfolgt. Es ist doch immer wieder erstaunlich, dass Sie sich gegen eine Absicherung Ihrer Leistungsvergütung wehren.
So wird z.B. Ihre Kreditkarte oder EC Karte bei jeder Zahlung auf Gültigkeit überprüft. Was ist dort das Problem? Sie wollen doch sicher auch, dass die Ärzte weiterhin ihre Leistung erstattet bekommen oder? Da die momentane Lösung der KVK-Karte keine manipulations- sichere Lösung ist, sind wir uns doch einig, dass nun etwas sicheres kommen muss. Auch erschreckend, sind Ihre niveaulosen Aussagen z.B.Bundeskasperlamt, Schweinsgalopp usw., aber so kann jeder Leser Ihre Denkstruktur erkennen.
MFG
R.Schneider
geschrieben von Schneider am 21. Jun, 2010
RT @DocSarah: just blogged: online stammdatenabgleich – e-card?! nein danke http://www.doc-sarah-schons.de/blog/2010… #ecard #health #docblog
geschrieben von viadavinci am 22. Jun, 2010
RT @DocSarah: just blogged: online stammdatenabgleich – e-card?! nein danke http://www.doc-sarah-schons.de/blog/2010… #ecard #health #docblog
geschrieben von jvsnrao am 22. Jun, 2010
Hallo, prinzipiell geht es hier doch nur um Lobbismus und eine Datenverwertung, die der Industrie immer mehr und weitere Daten zur Verfügung stellt.
geschrieben von catering berlin am 11. Jul, 2010
Bei einer derartigen zentralen Datenbank, mit Krankendaten von über 50 Millionen Deutschen Bürger mit hoher Wahrscheinlichkeit den Datensupergau kommen.
Das ist nicht nur Verfassungs- und Datenschutzrechtlich unzulässig, sondern jeder logischen Vernunft widersprechend.
Wer als Patient so einem Datenabgleich, wie von der Bundesregierung während der Fussball-WM 2010 heimlich beschlossen nicht widerspricht, sollte sich im Klaren darüber sein, das er die Kontrolle über seine Krankendaten endgültig verliert.
Er kann auch gleich den Arzt von der generellen Schweigeplicht befreien…
Absolut reales Szenario:
Wenn der erste Datenverlust kommt und das wird er, wie bei Telekom, Bahn, Lidl u.s.w. gesehen, dann lecken sich z.B. die Lebensversicherer die Finger nach solchen Daten und werden sie mit Sicherheit verdeckt kaufen.
Die Prämien steigen dann um das Vierfache, nach im geheimen erfolgten Datenabgleichen und auch Neukunden, die HIV Positiv sind, werden sich wundern, wieso sie bei Versicherungsabschlüssen abgewiesen werden.
geschrieben von Karla am 29. Aug, 2010
@karla: du sagst es
geschrieben von Doc Sarah Schons am 30. Aug, 2010